Abtragen

Grundvoraussetzung für das Jagen mit einem Greifvogel ist der Umstand, das der Vogel abgetragen ist. Was verstehen wir darunter?

Nahezu alle Vögel, die wir heute im Beizbetrieb einsetzen, kommen aus Nachzuchten.

Wenn die Jungvögel ausgefiedert sind, beginnen wir mit Gewöhnen an den Menschen. Während die Jungvögel zu diesem Zeitpunkt in der Natur noch von den Eltern geführt werden und erst nach und nach spielerisch mit dem Anjagen beginnen, nutzen wir diese Phase der Entwicklung zum "Abtragen". In dieser Phase, die etwa 2-3 Wochen dauert, intensivieren wir stetig den Kontakt zum Falkner und beginnen den Vogel erstmals auf dem Falknerhandschuh zu tragen. Die natürliche Scheu überbrücken wir mit der Gabe von Futter, so dass eine positive Verknüpfung zwischen uns und dem Handschuh entsteht. Das Tragen auf dem Handschuh in Verbindung mit Atzung (Futter)

führt dazu, dass der Vogel den Handschuh mehr und mehr als Ruhepunkt akzeptiert und später von diesem seine Jagdflüge startet.

Der komplette Prozess kann hier nicht vollumfänglich beschrieben werden, denn dieser unterscheidet sich zwischen Falken und Habichtartigen und zudem gibt es viele verschiedene Details, die man sehr unterschiedlich ausführen kann. U.a. ist der Prozess auch wesentlich davon abhängig, wie der Jungvogel aufgezogen wurde (Altvogelaufzucht, Handaufzucht, Geschwisterprägung, Imprinting, ...).

 

Am Ende des Prozesses haben wir einen abgetragenen Jungvogel, der uns akzeptiert und den wir nun Einfliegen können. Der erste Freiflug, trotz Sender, ist immer eine unglaublich aufregende Geschichte. Im Idealfall kommt der Vogel auf 30-50m zum Handschuh geflogen und erhält eine kleine Futtergabe. Das Ganze kann man ein paar mal wiederholen. Wir befinden uns Ende der drittem Woche im Sommer und es wird Zeit, dass der Jungvogel seinen wachsenden jugendlichen Jagdtrieb ausleben kann. Diese Phase ist wichtig, denn auch in der Natur beginnen die Tiere jetzt mit ihren ersten eigenen Jagdflügen.

 

Je nach Vogel beginnen wir nun, dem Vogel Jagdchancen zuzuarbeiten. Das sind bei Habichtartigen Jungkaninchen, die zu diesem Zeitpunkt im Jahr bereits bejagbar sind.

Bei Falken, die man später z.B. auf Krähen fliegen will, beginnt man mit intensivem Federspieltraining, um das Flugvermögen zu steigern und das Schlagen in der Luft zu trainieren (siehe auch Federspieltraining). Letzlich ist es jetzt wichtig, den Vogel möglichst oft und schnell an Wild zu bringen. Diese Erfahrungen sind durch kein anderes Training gleichwertig zu ersetzen. Die verschiedenen Entwicklungswege eines Habichts für Kaninchen, eines Harris Hawks, eines Wanderfalken für die Krähenjagd, eines Sakers oder anderer Greife füllt Bücher.

Letzlich steht am Ende des Abtragens ein Vogel, der den Menschen in seine Jagd mit einbindet und akzeptiert. Wenn mit Hund gejagd wird, was ausser bei der Krähenbeize fast immer der Fall ist, wird auch der 4-Beiner in den gesamten Gewöhungsprozess mit einbezogen.

 

 Wenn wir alles richtig gemacht haben, erhalten wir einen "locken" Beizvogel.